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Abmahnung von Verstößen gegen die DSGVO - Ja, Nein, Vielleicht?!

Die Datenschutzgrundverordnung (DSGOV) gilt seit dem 25.05.2018 in allen EU-Mitgliedstaaten seit nunmehr über einem Jahr verbindlich. Von Beginn an, hat die DSGVO eine Vielzahl von Fragen, Unklarheiten und rechtliche Unsicherheiten hervorgerufen. Eine bislang nicht abschließend geklärte Frage hierbei war und ist die Frage: Kann ein Verstoß gegen die DSGVO aus wettbewerbsrechtlicher Sicht abgemahnt werden? Hierzu haben bislang einige Gerichte bereits entschieden. Aus Praxissicht leider mit unterschiedlichen Ergebnissen.


Hintergrund

Nach wie vor umstritten ist die Frage, ob eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung wegen Verstoß gegen die Bestimmungen der DSGVO rechtmäßig erfolgen kann oder ob eine solche Abmahnung unzulässig ist.

 

Soweit ersichtlich, fehlt eine höchstrichterliche Entscheidung zu dieser Frage. Die Gerichte, die sich bislang mit der Abmahnfähigkeit von Verstößen gegen die DSGVO beschäftigt haben, vertreten hierzu unterschiedliche Ansichten, was für die Praxis erhebliche Rechtsunsicherheiten bedeutet.

 

Achtung: Die Frage ob eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung zulässig ist oder nicht, betrifft nur das Vorgehen von Wettbewerber und Verbänden, nicht aber die Befugnisse der Datenschutzbehörden, die Verstöße ihrerseits zu sanktionieren.

 

Rechtsprechungsübersicht (nicht abschließend)

  1. Dritte haben keine generelle Klagebefugnis (Landgericht Stuttgart)
    Das Landgericht Stuttgart (Az. 35 O 68/18 KfH) hat die Abmahnung von Wettbewerbern wegen Verstoß gegen die Bestimmungen der DSGVO für unzulässig erklärt. Zuvor haben sich das Landgericht Magdeburg und das Landgericht Wiesbaden (siehe sogleich) ebenfalls gegen die Zulässigkeit einer Abmahnung wegen Verstoß gegen die DSGVO ausgesprochen. Nach Ansicht der Richter sind die Regelungen der DSGVO im Hinblick auf Sanktionen abschließend. Dies gehe aus den detaillierten Bestimmungen zu den einzelnen Sanktionen hervor. Zudem sei die Durchsetzung von Sanktionen wegen Verstößen gegen die DSGVO den Datenschutzbehörden gemäß Art. 57 DSGVO vorbehalten. Außerdem sei in Art. 79 DSGVO geregelt, wie sich Betroffene gegen etwaige Verletzungen zur Wehr setzen können. Eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung sei daneben unzulässig.

  2. DSGVO beinhaltet abgeschlossenes Sanktionssystem (Landgericht Magdeburg)
    Das Landgerichts Magdeburg (Az. 36 O 48/18) hat entschieden, dass eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung aufgrund von Verstößen gegen die DSGVO nicht zulässig sein soll. Nach Ansicht des Gerichts beinhaltet die DSGVO ein in sich abgeschlossenes Sanktionssystem. Demnach seien für drei Personengruppen Sanktionen möglich. Namentlich sind dies

    (a)
    Personen, deren Rechte auf informationelle Selbstbestimmung verletzt wurde,
    (b) Datenschutzbehörden/ Aufsichtsbehörden und/ oder
    (c) klagebefugte Verbände.

    Nach Ansicht des Landgerichts Magdeburg folgt die DSGVO dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das ergebe sich daraus, dass den Datenschutzbehörden ein abgestufter Maßnahmenkatalog zur Verfügung steht, nachdem sie Verstöße sanktionieren können. Dieser Katalog reicht von bloßen Hinweisen bis hin zu (erheblichen) Geldbußen.
    Würde man neben diesem Sanktionssystem noch wettbewerbsrechtliche Abmahnungen zulassen, würde das Sanktionssystem der DSGVO durch die im Wettbewerbsrecht bestehenden erheblichen Streitwerte und den Vertragsstrafen ausgehebelt werden.

  3. Keine wettbewerbsrechtliche Abmahnung von Verstößen gegen die DSGVO (Landgericht Wiesbaden)
    Das Landgericht Wiesbaden (Az. 5 O 214/18) hat entschieden dass eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung wegen Verstößen gegen die DSGVO unzulässig sei. Eine Abmahnung entsprechend dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) sei nicht möglich, da der europäische Gesetzgeber in der DSGVO detailliert geregelt habe, wie die Regelungen der DSGVO um- und durchzusetzen seien. Betroffene haben demnach die Möglichkeit, etwaige Verstöße der Datenschutzbehörde zu melden und/ oder Schadensersatz für materiellen und immateriellen Schäden gemäß Art. 82 DSGVO zu verlangen. Eine Abmahnung von Wettbewerbern ist daneben nicht vorgesehen.

  4. Abmahnung kann „vielleicht“ zulässig sein (Oberlandesgericht Hamburg)
    Nach Ansicht des Oberlandesgericht Hamburg (Az. 3 U 66/17) kann grundsätzlich eine Abmahnung wegen Verstoß gegen die Bestimmungen der DSGVO zulässig sein. Es komme aber stets auf den Einzelfall an. Insbesondere müsse in jedem Einzelfall geprüft werden, ob der abmahnende Wettbewerber einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz durch den Verstoß gegen die DSGVO erlangt. Bejahendenfalls komme eine Abmahnung über § 3a UWG grundsätzlich in Betracht.

  5. Kein Unterlassungsanspruch bei Verstößen gegen Informationspflichten (Landgericht Bochum)
    Das Landgericht Bochum (Az. I-12 O 85/18) hat entschieden, dass einem Wettbewerber kein Unterlassungsanspruch wegen Verstoß gegen die Informationspflichten im Sinne des Art. 13 DSGVO zustehe. Die Sanktionen in der DSGVO nach Art. 77 - 84 DSGVO seien abschließend, sodass Ansprüche aus dem Wettbewerbsrecht ausgeschlossen seien.

  6. Wettbewerbsrechtliche Abmahnung ist zulässig (Landgericht Würzburg)
    Das Landgericht Würzburg (Az. 11 O 1741/18) hat eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung für zulässig erklärt, zumindest dann, wenn der Abgemahnte lediglich eine sieben-zeilige Datenschutzerklärung vorhält. Dies genüge nicht den rechtlichen Anforderungen und kann auch mit einer Abmahnung der Wettbewerber geahndet werden. Das Gericht begründet seine Entscheidung allerdings nicht im Detail, sodass nicht genau nachvollzogen werden kann, warum ein Verstoß gegen die DSGVO zugleich auch ein abmahnfähiger Verstoß gegen § 3a UWG sei.

 

Fazit

Ob Verstöße gegen die DSGVO von Wettbewerbern abgemahnt werden können oder nicht, bleibt weiterhin umstritten.

 

Zum Fall des Landgerichts Würzburgs (siehe oben Nr. 6) ist jedoch darauf hinzuweisen, dass eine gänzlich fehlende, unvollständige und/ oder nach altem Recht erstellte Datenschutzerklärung bereits vor der Geltung der DSGVO mit einer Abmahnung geahndet werden konnte, was auch zukünftig so bleiben dürfte. Denn in diesen Fallkonstellationen geht es nicht nur um einzelne Verstöße gegen bestimmte Bestimmungen der DSGVO. Vielmehr fehlen hier grundlegende und umfassende Informationen, die auch nicht nur von der DSGVO gefordert werden.

 

Darüber hinaus ist nochmals zu betonen, dass die Frage nach der Abmahnfähigkeit allein das Verhalten von Mitbewerbern gegen Mitbewerber betrifft. Das Vorgehen der Datenschutzbehörden ist hiervon autonom zu betrachten. Insbesodnere auch deshalb, weil alle Gerichte gerade darauf abstellen, dass Betroffenen sich bei den Datenschutzbehörden beschweren können. Diese Möglichkeit können allerdings auch Konkurrenten ausnutzen, um dem Mitbewerber hierdurch Steine in den Weg zu legen. Unternehmen können mit einem soliden datenschutzrechtlichen Grundkonzept diesen Gefahren präventiv entgegentreten.

 

Gerne berate ich Sie bei Fragen zum Thema Datenschutzerklärung, Abmahnung und Datenschutzgrundkonzept.

 

Anna Rehfeldt, LL.M.

Rechtsanwältin und externe Datenschutzbeauftragte

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